Leitlinien zur Isolierung und Identifizierung von Mastitiserregern

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4. Empfindlichkeitsprüfung

Zur gezielten chemotherapeutischen Behandlung klinischer und subklinischer Mastitiden ist eine Empfindlichkeitsprüfung isolierter Mastitiserreger erforderlich. Beim Nachweis von S. aureus oder KNS kann die in vitro Sensitivitätsprüfung durch eine Prüfung der Penicillinase-Bildung ersetzt werden. Enterobacteriaceae und Nonfermenter (fehlender fermentativer Kohlenhydrat-Abbau) sollten immer einer Empfindlichkeitsprüfung unterzogen werden.
Die Bestimmung der minimalen Hemmkonzentration (MHK) gilt weltweit als Referenzverfahren für die Empfindlichkeitsprüfung von Mikroorganismen gegenüber Chemotherapeutika. Im Routinelabor jedoch findet überwiegend der Agar-Diffusionstest (ADT) Verwendung.

4.1 Empfindlichkeitsprüfung mittels Agardiffusionstest (ADT)
Der Agar-Diffusionstest ist ein Blättchentest, der auf der Basis der DIN-Norm 58 940 auf einem festen Kulturmedium (Mueller-Hinton-Agar oder andere gleichwertige Nährmedien) durchgeführt wird. Für das verwendete Kulturmedium müssen die Beziehungen zwischen MHK und Hemmhofdurchmesser bekannt sein bzw. ermittelt werden. Damit lassen sich entsprechende Umschlagpunkte für eine Einstufung festlegen, die wiederum Voraussetzung für eine Bewertung der Hemmhofdurchmesser sind. Somit ist eine enge Beziehung zwischen ADT und MHK-Bestimmung gegeben.

4.1.1 Material und Methoden
Das für den ADT erforderliche Material sowie eine Methodenbeschreibung ist in der AVID-"Arbeitsanleitung für die Resistenzbestimmung schnell wachsender Bakterien in der Veterinärmedizin" dargestellt.
Die gemessenen Hemmhofdurchmesser sind für jeden Wirkstoff getrennt den Bewertungsstufen sensibel, intermediär und resistent zuzuordnen. In Tab. 9 sind entsprechende Angaben bezüglich der in der Mastitistherapie gebräuchlichen Wirkstoffe zusammengestellt.

 

Tabelle 9: Richtwerte für Hemmhofdurchmesser

 

Wirkstoff bzw. Symbol
Gruppe
Beschickungsmenge
je Papierblättchen
in µg
Hemmhofdurchmesser
Bewertungsstufe in mm
        Resistent
R
Intermediär
I
Sensibel
S
Penicillin G P 6 (=10IE) Staph.
alle anderen
£ 28
£ 12
13-23 ³ 29
³ 24
Oxacillin /
Cloxacillin
OX /
OB
5   £ 15 - ³ 16
Ampicillin AMP 10 alle Erreger
außer Staph.
£ 14 15-21 ³ 22
Tetracyclin TE 30   £ 16 17-21 ³ 22
Streptomycin S 25   £ 14 15-16 ³ 17
Neomycin N 30   £ 16 - ³ 17
Gentamicin CN 10   £ 14 15-20 ³ 21
Erythromycin E 15   £ 16 17-20 ³ 21
Colistin /
Polymyxin E
CT 10   £ 8 9-10 ³ 11
Polymyxin B PB 300   £ 8 9-11 ³ 12
Trimethoprim/
Sulfamethoxazol
SXT 25   £ 10 11-15 ³ 16
Cefquinom CEQ 10   £ 17 - ³ 18
Cefazolin CEZ 30   £ 19 20-21 ³ 22
Cefacetril CAC 30   £ 23 24-26 ³ 27
Cefoperazon CFP 10 Mastitiserreger £ 16 - ³ 17
Tylosin TYL 30   £ 21 - ³ 22

Quelle: BgVV, 1998
Stand : I/1999

4.2 Penicillinase-Nachweis bei Staphylokokken
Staphylokokken verfügen über die Fähigkeit zur Bildung von Penicillinase (ß-Lactamase), einer Eigenschaft, die therapeutisch eine große Bedeutung besitzt. Soweit S. aureus- oder andere Staphylokokkenstämme (KNS) isoliert werden und antibiotische Behandlungsarten angezeigt sind, muß für jeden Stamm die Aussage getroffen werden "Penicillinasebildner" oder "kein Penicillinasebildner". Dies bedeutet, daß jeder dieser Stämme dem beschriebenen Penasetest zu unterziehen ist, wenn kein Resistenztest durchgeführt wird.

4.2.1 Material

  • stärkehaltige Agarplatte (s. Anhang)

  • Penicillin G-haltige Jod-Jodkalilösung (s. Anhang)

4.2.2 Methode Auf eine stärkehaltige Agarplatte wird der zu prüfende Staphylokokken-Stamm mit der Öse so aufgebracht, dass nach 7-stündiger Bebrütung eine große Kolonie (Makrokolonie) entsteht. Bis zu 21 Staphylokokken-Stämme können so pro Platte geprüft werden (Abb.3). Nach Bebrütung (7 Std. bei 36±1°C) werden 2 ml einer Penicillin G-haltigen Jod-Jodkalilösung auf die Agarplatte gebracht und durch Kippbewegungen gleichmäßig verteilt; der Nährboden verfärbt sich dunkelblau. Nach Stehenlassen der abgedeckten Platte für etwa 15 - 30 Minuten zeigen sich bei Penicillinase-Bildnern deutliche Entfärbungszonen um die Makrokolonie herum. Bei Penicillinase-negativen Stämmen fehlen diese hellen durchsichtigen Zonen um die Kolonie. Sind Staphylokokken-Stämme Penicillinase-Bildner, so diffundiert das Enzym Penicillinase in die nächste Umgebung der Kolonie. Wird nun eine penicillinhaltige Jod-Jodkalilösung dazugegeben, dann entsteht in diesem Bereich durch die Einwirkung des Enzyms Penicillinase aus Penicillin G Penicilloinsäure. Es kommt durch die gebildete Penicilloinsäure zu einer Entfärbung des Jodstärke-Komplexes und damit zu einer Entfärbungszone um die Makrokolonie.

 

 

 

Abbildung 3: Schablone für die Beimpfung der Agarplatte

Kommerzielle Penicillinase ("Penase")-Testsysteme:
Kommerziell sind einige Identifizierungstests erhältlich, die ebenfalls einen Penase-Nachweis ermöglichen. Die Systeme beruhen auf der Spaltung der Amidbindung des b-Lactamringes des chromogenen Cephalosporins Nitrocefin durch eine eventuell vorhandene bakterielle Penase. Die Reaktion wird durch eine rasche Farbänderung von gelb nach rot angezeigt.

Folgende Systeme können verwendet werden:

    Beta-Lactamase-Teststäbchen (Oxoidâ)

    Cefinase-Testblättchen (Becton-Dickinsonâ)

4.3 Bestimmung der Minimalen Hemmkonzentration (MHK)
Der Dilutionstest (Reihenverdünnungstest) ist eine quantitative Bestimmungsmethode zur Feststellung der minimalen Hemmkonzentration. Die MHK ist die niedrigste Konzentration eines Wirkstoffs (µg/ml), bei der unter definierten in vitro Bedingungen die Vermehrung von Bakterien zu 100 % innerhalb einer festgelegten Zeitspanne verhindert wird. Sie stellt einen Messwert dar, der i. a. keine Zuordnung zu einer Bewertung ermöglicht, ob ein Erreger einem Chemotherapeutikum gegenüber als "sensibel" oder "resistent" einzuschätzen ist. Zum Zweck der Zuordnung der Sensitivität wird die MHK in Relation zu sogenannten Grenzkonzentrationen (Breakpoint) gesetzt. Der Breakpoint wird als die in vivo ermittelte Konzentration eines Wirkstoffes am Ort der Infektion definiert. Eine Alternative zu dieser Referenzmethode steht mit dem Epsilon (E)-Test zur Verfügung, der das Prinzip des ADT mit der MHK-Wert-Bestimmung kombiniert. Der ermitteltete MHK-Wert kann in diesem Test einem Hemmhof ähnlich an einer Skala abgelesen werden.
Zur Zeit werden u.a. folgende Testsysteme zur MHK-Bestimmung in der Veterinärmedizin benutzt:

 

    Röhrchentest

    Sensititre®-Mikrotiter-Plattenverfahren (SENSITITRE LTD)

    Vollautomatisches Analysegerät Vitek (bioMerieux)

    Breakpoint (Merial)

 

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