Leitlinien zur Isolierung und Identifizierung von Mastitiserregern

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3.2.6 Pseudomonas (P.) aeruginosa

Pseudomonas (P.) aeruginosa-Mastitiden kommen im allgemeinen sehr selten und nur sporadisch vor. Alle Verlaufsformen werden beschrieben (akut, chronisch oder subklinisch). Die Infektionen können letal verlaufen, aber auch - von erneut aufflammenden Infektionen begleitet - in die chronische Verlaufsform übergehen.

3.2.6.1 Koloniemorphologie auf bluthaltigen Nährmedien
Der Erreger wächst in großen, grau-grünlichen Kolonien (2 - 4 mm) unter Umständen mit metallischem Glanz und einer vollständigen Hämolyse. Häufig wird ein blau-grüner Farbstoff (Pyocyanin) gebildet. Zudem haben die Kulturen einen charakteristischen aromatischen Geruch.

3.2.6.2 Gramfärbung
Es handelt sich um gramnegative Stäbchen mit einer Größe von 0,3 - 0,6 x 1,5 - 3,0 mm.

3.2.6.3 Ergänzende biochemische Differenzierung
P. aeruginosa ist Oxidase-positiv. Kommerzielle Testkits und Selektivmedien stehen zur Verfügung.

3.2.7 Hefen
Hefemastitiden treten zumeist infolge unsachgemäßer lokaler (intrazisternaler) Antibiotikabehandlungen auf. Die Erreger sind auf Äsculin-Blut-Agar, besser jedoch auf Kimmig- oder Sabouraud-Agar bzw. Hefeextrakt-Glucose-Chloramphenicol-Agar (YGC) anzuzüchten. Die Koloniemorphologie ist außerordentlich variabel. Sicherheit bietet nur die mikroskopische Untersuchung von Kulturisolaten.

3.2.7.1 Koloniemorphologie auf bluthaltigen Nährmedien
Nach 24 h, zumeist erst nach 48 h, kommt es zur Ausbildung von weißen oder cremefarbenen Kolonien mit glatter oder stumpfer Oberfläche. Die Kolonien können morphologisch Staphylokokken- oder Mikrokokken-Kolonien ähnlich sein, eine Hämolyse tritt jedoch nicht auf.

3.2.7.2 Gram-Färbung
Runde bis ovale Zellen, 5 - 9 µm, häufig mit Sprossung, teilweise auch Ausbildung von Hyphen (Mycel).

3.2.7.3 Ergänzende biochemische Differenzierung
Es stehen kommerzielle Systeme zur Verfügung, die z.T. auch zur Identifizierung von Hefeisolaten aus Viertelgemelksproben geeignet sind.

3.2.8 Prototheken
Prototheken sind farblose Algen, die in Abwässern und Abfallprodukten von Tierhaltungen, aber auch ubiquitär vorkommen. Sie können akut bis subakut verlaufende Mastitiden hervorrufen. In Großbeständen konnten schwere Enzootien beobachtet werden.

3.2.8.1 Koloniemorphologie auf bluthaltigen Nährmedien
Prototheken wachsen bei 36±10C auf Äsculin-Blut-Agar nach 24 - 48 h als kleine ca. 1 - 3 mm große matte, grauweiße, rauhe Kolonien. Eine Hämolyse tritt nicht auf.

3.2.8.2 Koloniemorphologie auf Selektivnährböden
Auf Kimmig-, Sabouraud- bzw. YGC-Agar wachsen nach 48 h weiße, z. T. cremefarbene Kolonien mit einem Durchmesser von 0,5 - 2 mm; die Oberfläche der Kolonie ist deutlich granuliert.

3.2.8.3 Gram-Färbung
Eine sichere Unterscheidung gegenüber Hefen ist nur über eine mikroskopische Untersuchung möglich. Prototheken bilden Endosporen, die durch Platzen der Zellwand freigesetzt werden, Hefen dagegen sprossen. Neben der Gram-Färbung sind die Untersuchung des Nativpräparates im Phasenkontrast-Mikroskop und die Färbung mit Laktophenol-Wasserblau möglich.

3.2.8.4 Selektivnährmedien
Als selektives Anreicherungsmedium für die Anzüchtung von Prototheken hat sich das Pore-Medium bewährt. Anschließend erfolgt der Ausstrich auf YGC-Agar oder einem anderen Pilznährboden.

3.2.9 Mykoplasmen
Mycoplasma (M.) spp. sind wirtspezifisch. Für die Mastitis des Rindes, deren Auftreten weltweit beschrieben wird, kommen M. bovis, M. californicum, M. bovigenitalium, M. canadense, M. alkalescens u. a. in Frage. Gefährdet sind vorrangig größere Milchviehherden. In der Direktkultur sind Mykoplasmen nur sehr unsicher nachzuweisen; eine Anreicherung ist notwendig. Für die Anzüchtung von Mykoplasmen muß das Probenmaterial sehr frisch, antiseptisch und ohne Konservierungsmittelzusatz entnommen worden sein.
Eine eingehende Darstellung der Methode zum Nachweis von Mycoplasma spp., auch aus Milchproben, ist in der AVID-Methodensammlung zu finden.

3.2.10 Mykobakterien (atypische wie M.smegmatis, M.fortuitum, M.phlei, M.avium )
Der Verdacht auf eine durch Mykobakterien hervorgerufene Infektion ("Eutermykobakteriose") kann entstehen, wenn bei therapieresistenten Mastitiden auf dem Äsculin-Blutagar und über den üblichen Bebrütungszeitraum hinaus ein Erregerwachstum ausbleibt. Dieser Verdacht kann relativ schnell erhärtet werden, wenn in nach Ziehl-Neelsen gefärbten Sekretausstrichen säurefeste Stäbchen, möglichst in Phagozytose, mikroskopisch nachweisbar sind. Die Proben sollten dann auf einem für die Mykobakterien geeigneten Nährboden (s. Anhang) angelegt werden. Nach einer Inkubationszeit von bis zu 21 Tagen sind Kolonien gut ablesbar. Erregerkontrollen mit mikroskopischer Untersuchung von Kulturausstrichen sowie die Berücksichtigung von anderen Faktoren (Klinik, Zellgehalt etc.) sind wegen des ubiquitären Vorkommens der Erreger unverzichtbar.

3.2.11 Bacillus (B.) cereus und andere aerobe Sporenbildner
Bacillus (B.) cereus, seltener B. subtilis und B. pumilus wurde gelegentlich als Mastitiserreger beim Rind festgestellt. Dabei kann der Erreger vom Euter ausgehende, schwere Allgemeininfektionen hervorrufen.
Häufig lassen sich jedoch aerobe Sporenbildner als Kontaminanten in nicht vorschriftsmäßig entnommenen Viertelgemelksproben nachweisen.

3.2.11.1 Koloniemorphologie auf bluthaltigen Nährmedien
Es tritt eine große Variation der Kulturmorphologie bei den verschiedenen Bacillus spp. und auch innerhalb einer Spezies bei verschiedenen Stämmen auf. Dabei kann es sich um große, flache, kompakte Kolonien oder um rauhe Kolonien mit zahlreichen Ausläufern handeln. B. cereus weist immer eine deutliche Hämolyse auf.

3.2.11.2. Gramfärbung
Es handelt sich um grampositive gelegentlich auch um gramlabile Stäbchenbakterien der Größe 1 x 3 - 5 mm, die Endosporen besitzen.

3.2.11.3 Ergänzende biochemische Differenzierung
Zur ergänzenden präsumtiven Identifizierung und zur Differenzierung von B.cereus gegenüber anderen Bacillus spp. eignet sich die Prüfung des Abbaues von Mannit, Gelatine und D(+)-Glucose (anaerob), der Nitratreduktion sowie der Lecithinaseaktivität.

3.3 Ergebnisbeurteilung

3.3.1 Reinkultur
Das NMC Laboratory Field Handbook on Bovine Mastitis (1987) gibt folgende eindeutige Anweisungen für die Beurteilung bakteriologischer Untersuchungs-ergebnisse:
Wächst nur eine Keimart auf dem Nährboden (Reinkultur) so sind, falls es sich um klassische Mastitiserreger wie S. aureus und S. agalactiae, handelt schon Keimzahlen von 100 bzw. 200 KBE/ml als positiv zu bewerten. Bei einem Inokulum von 0,01 ml sind demnach bereits eine bzw. zwei gewachsene Kolonien zu berücksichtigen.
Bei Nachweis von umweltassoziierten Keimen (S. uberis, S. spp., coliforme Keime etc.) in Reinkultur, bedarf es Keimzahlen von 1000 KBE/ml um sicher als mastitisrelevant zu gelten.

3.3.2 Mischkultur
Die Beurteilung von Mischkulturen, d. h. Nachweis von zwei oder mehr unterschiedlichen Bakterienarten in einer Milchprobe, ist grundsätzlich sehr schwierig und häufig mit erheblichen Interpretationsfehlern behaftet. Die Probenahme sollte auf jeden Fall wiederholt werden, wenn es sich bei mehr als 10 % der kulturellen Ansätze einer Herde um Mischkulturen handelt (HEESCHEN, 1978). Hier besteht der Verdacht auf eine Kontamination der Probe, wobei natürlich neben den Kontaminanten auch Mastitiserreger gewachsen sein können. So sind z. B. S. aureus und S. agalactiae-Isolate, auch bei Nachweis in Mischkultur als mastitisrelevant einzustufen (NMC, 1987).

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